Elùrya

Tidra jì jonjaya echotalan -

Das Land der ewigen Schönheit

Elùriya ist der fruchtbare Küstenstreifen, der das Bergland von Votràyis mit dem Metchà verbindet. Die Bucht von Elùriya ist wohl der schönste Anblick, den man in ganz Chrestonim genießen kann. Gleichmäßig fallen im Norden die in kräftigem Dunkelgrün schimmernden Bergrücken zur Küste hin ab, um bald im tiefblauen Wasser zu verschwinden, während die Hänge im Süden zum Meer hin schnell flacher werden, wo sie in sanftes Hügelland übergehen, an das sich nach wenigen hundert Metern ein breiter Sandstrand anschließt.

Zwischen den steilen Abhängen der letzten Ausläufer des Gebirges und den großen Sandstränden des Südens liegt das eigentliche Elùriya, eine Gegend, in der das Wetter milder ist als an anderen Orten. Der warme Wind gewinnt hier, wo er von den Bergen herabfällt und über das Meer zu streichen beginnt an Frische und an Stärke, so daß eine leichte Brise die Stech- und vor allem die lästigen Matrava-Fliegen von diesem Land abhält. Der Dschungel scheint hier weniger erbarmungslos und auch weniger dicht zu sein. Häufig lockern kleine Lichtungen das Blättermeer auf und lassen das Sonnenlicht auf wunderbare Blumenteppiche fallen. Die zartweißen Blüten von Chyepea-Sträuchern und kleine rote Pivurya-Teppiche, zahlreich besucht von Avebulas und bunt gemusterten Febetaras zaubern einen Glanz und eine Farbenpracht auf den feuchten Waldgrund, daß einem alles bisher gesehene Schöne und Joulanàgefällige schal und freudlos erscheinen läßt.

Kommt man nun näher an die Küste wird die Landschaft immer flacher und gleichzeitg feuchter, jedoch äußert sich das nur in Form von kleinen Teichen, die häufig gänzlich von den Blüten zahlreicher Rujuteyas bedeckt sind. Um die Teiche herum ist der Boden erfreulich fest und gut gangbar, so daß die große Straße nach Estichà - der einzigen großen Stadt der Region - häufig die Gelegenheit nutzt, näher an diese Sehenswürdigkeit, die die Natur für den Reisenden bereithält, heranzuführen ohne daß dabei die Qualität des Weges leiden würde.

Kurz vor dem eigentlichen Küstenstreifen senkt sich das Land noch einmal stark zum Meer hin ab. Das gibt dem Reisenden aber die treffliche Gelegenheit, sich ein ruhiges Örtchen zu suchen und durch ein Lücke zwischen den Baumstämmen hindurch den Anblick zu genießen, den schon viele Lieder beschrieben haben: die Stadt Estichà. Der mächtige Felsen, auf dem die Oberstadt Estichàs erbaut wurde zeichnet sich unbeirrbar wie ein Gigant aus fernster Vergangenheit gegen das weite Meer ab, umspielt vom nach Abenteuern und wundersamen Blumen duftenden Wind aus dem Landesinneren. Die Götter konnten sich keinen schöneren Ort erwählen, um sich hier von den Menschen verehren zu lassen. Oben auf dem Felsen stehen ihre Tempel und ein jeder sieht die mächtigen Kuppeln und Türme der Stadt schon von der Ferne.

 

Raveydra jì ayedara - Sanèscya - das Küstenbergland

Nur ein dünner, schwer gangbarer Pfad führt von Estichà aus nach Norden, zum Bergland von Sanèscya hin. Denn hinter den immer wilder und steiler werdenden Bergen liegt das weite Sumpfland von Men-Achor, wä hrend im Nordosten das Bergland von Votràyis nur sehr schwer gangbar ist und es in dieser Richtung auch keine nennenswerte Siedlung mehr gibt. So endet dieser Pfad auch an den mächtigen Wasserfällen von Coyenà. Nicht unweit der Wasserfälle findet sich das Dorf Evetaya, das den Reichen Estichàs als Unterkunft dient, wenn mal wieder eine Jagdgesellschaft unterwegs ist. Denn rund um die Wasserfälle sind die Tiervorkommen an Aveya-Petferas, ungefähr hüfthohe, stark behaarte Schweine mit langgezogenen, rüsselartigen Köpfen recht gro ß, aber auch gefährliche Pera-Spinnen treiben hier ihr Unwesen. Beide Tierarten werden eifrig bejagt, meist als Wochenendvergnügen. Dementsprechend ist Evetaya auch stark mit Palisaden, Aussichtstürmen und Gräben befestigt. Etwas außerhalb des Dorfes liegt auch eine der berühmtesten Elefanten-Zuchtgebiete Chrestonims. Die edlen Tiere aus Evetaya werden jedoch fast nur als Jagd- oder gar Kriegselefanten verwendet, einfache Arbeitstiere wird man hier vergeblich suchen. Die wenigen Felder rund um das Dorf sind allesamt im Besitz der Herrschaften aus Estichà und dienen nur dem erhalt der Siedlung - schließlich will man einen reich gedeckten Tisch vorfinden, wenn man dort Gäste empfängt.

Unweit von Evetaya, wenige Stunden ostwärts beginnen die Schluchten, die sich oft meilenweit in das Bergland gegraben haben. Hierher kommt kaum eine Menschenseele, der Grund dafür liegt beim Volk der Alcidas, das zurückgezogen in einer der Schluchten lebt. Diese Schlucht wurde von den Alcidas mit einem gewaltigen Wall vollkommen abgeriegelt: riesige Bäume wurden gefällt und übereinandergestapelt, spitze Speere und Fallgruben sollen jeden Eindringling von ihrem Tal abhalten. Gelegentlich rückt ein kleiner Trupp Alcidas zur Jagd aus und Menschen, die sie in ihre Gewalt bekommen, widerfährt eine sonderbare Behandlung: Gerüchte besagen, den Gefangenen würden Teile der Haut herausgeschnitten werden, meist in Dreiecksform. Diese Hautteile würden gerne dem Nackenbereich, der Stirn, der Brust und den Handflächen ent nommen. Was das zu bedeuten habe, konnte jedoch keiner derjenigen, die aus ihrer Gefangenschaft zurückkehrten, berichten. Es scheint jedoch so zu sein, daß nach dem Herausschneiden eine Art Untersuchung durch den Dorfältesten stattfinde. Danach hätten die Alcidas ihre Gefangenen stets wieder freigelassen. Die Alcidas selbst seien von abgrundtiefer Häßlichkeit. Von schlimmen Verunstaltungen ist die Rede. Ein dritter Arm, der verkrüppelt aus dem Rücken wächst, ein fehlender Unterkiefer, übermäßiger Haarwuchs, all das könne man unter ihnen sehen. Allen hafte eine angstvolle, von tiefer Traurigkeit erfüllte Stimmung an, wieso das so sei, ist jedoch unbekannt. Die Alcidas verfügen zwar über eine Sprache, doch ist diese weder mit dem Chirjeya noch mit dem Sragishta verwandt und somit praktisch unverständlich. Glücklicherweise verlassen sie ihre abgeriegelte Bergschlucht nur sehr selten. Man sagt, sie seien sehr furchtsam und ergreifen vor großen Menschengruppen stets die Flucht in geradezu panischer Angst.

Abgesehen von den Alcidas ist die einzige größere Gefahr, die das Bergland von Sanèscya bereithält, die stattliche Population von Pera-Spinnen, die sich aber glücklicherweise ebenfalls nur in wenigen Schluchten des tieferen Berglandes konzentriert. Diese Spinnenart vermag schon durch ihre schiere Größe von durchschnittlich fünf Metern (gemessen von den Hinter- zu den Vorderbeinen) erschrecken, doch sind sie glücklicherweise sehr wasserscheu, so daß sie durch die zahlreichen Tümpel, die sich rund um das Bergland gebildet haben ganz gut von den bewohnten Gebieten Elùriyas abgehalten werden.

So ist Elùriya also eine Region, die als - für chrestonim'sche Verhältnisse - ungefährlich und sicher, ja geradezu lieblich eingestuft werden kann.

 

Mechesa irvalan dijè Yanàla - Die Inselwelt von Yanàla

Dem südlichen Küstenstreifen Elùriyas vorgelagert ist das kleine Inselreich von Yanàla. Die Inseln sind allesamt sehr klein. Die größten der namenlosen Eilande sind innerhalb weniger Minuten per Fuß zu durchqueren.

Die wenigsten der Inseln bestehen aus bewachsenen Sandbänken. Diese stellen sich meist als romantische Flecken dar, mit breitem Sandstrand, umgeben von smaragdfarbenem Wasser und sich im hier auf See doch recht kräftigen Wind wiegenden Palmen. Im Inneren der Inseln kann man kaum ein größeres Tier treffen, lediglich zahlreiche Vogelarten haben sich diese ruhigen Plätzchen als Brutplätze erwählt. Für Menschen sind sie praktisch von keinerlei Interesse, ermöglicht der sandige Boden doch keine Landwirtschaft. Vielleicht mag man hier und da einen alten Fischer finden, der von den reichlichen Fischvorkommen im flachen, sehr warmen Wasser profitiert und seine kleine Hütte aus Palmstämmen und -wedeln am Sandstrand erbaut hat, größere Menschengruppen wird man jedoch vergebens suchen.

Der Großteil der Inseln besteht aus Korallenriffen. Dort, wo sie sich bis über die Oberfläche getürmt haben, hat oft Sand und Treibholz für das Entstehen kleiner Felsen gesorgt, die die Schifffahrt mit groß en Lastschiffen unmöglich machen. Mit diesen einsamen, scharfkantigen Flecken trockenen Landes weiß nicht einmal die sonst so einfallsreiche Tier- und Pflanzenwelt etwas anzufangen: ein dorniger Busch, ein verkrüppelter Baum, hier mal ein Epujtira-Krebs und dort ein Hatira-Käfer - mehr gibt's hier nicht zu entdecken.

Als letztes sind vielleicht noch die schwimmenden Mangroven-Wälder zu erwähnen. Natürlich schwimmen diese Pflanzengesellschaften nicht wirklich, aber ein ständiges Schaukeln und das scheinbare Fehlen jeden Grundes unter den Wäldern erweckt diesen Eindruck. Manchmal liegt der schlammige Boden erst viele Meter tief unter der Wasseroberfläche, aber die langen Wurzeln reichen bis dorthin. Über der Wasseroberfläche bietet sich dem Betrachter ein Bild von wild und planlos über-, unter- und durcheinanderwachsender Wurzelstöcke.

Man sagt, in einem dieser schwimmenden Burgen habe sich ein kleines Dorf von Ausgestoßenen gebildet, die auf dem Wurzelwerk leben und sich zwischen den Stämmen der Bäumen ihre Hütten erbaut hätten. Wer es glaubt, mag selig mit seinem Wissen werden...