"...so verfügen die Chirà sowohl über den stolzen, aufrechten Gang, den kräftigen Körperbau (wenngleich jede Chirà über ungleich mehr Kraft aus ihm zu schöpfen vermag als andere Wesenheiten) und die feinen Hände, die auch die Menschen und ihre Verwandten ihr eigen nennen, doch zudem besitzen sie die Vorteile, die ihnen das Sehen mit den Augen der Katzen und das Hören und Riechen mit ihren feinen Sinnen bieten. Das dichte Fell, der ihre für jedes Auge wohlgefälligen Körper schützend umgibt hält warm in den Nächten, und jede Chirà pflegt es und zeigt es anderen mit Stolz. Ja, die Götter blicken voll Zufriedenheit und Genugtuung auf ihr auserwähltes Volk, gibt es doch kein schöneres unter der Sonne Chrestonims..."
Aus dem Werk: "Die acht Siegel der Herrschaft" der Religionsphilosophin Vesjida Vetras Chrestijis Akkrijian, im Jahre 1211 nach dem Erscheinen Lajeyas, erstes Buch.
Die Chirà sind tatsächlich ein Volk, das neben den Elfen als eines der schönsten in Pipes gelten darf. Der Körperbau ist denen der Menschen sehr ähnlich, wenn sie diese auch durch ihre imposante Größe von oftmals 2 Metern und 50 Zentimetern bei weitem überragen. Die schmalen Hüften ruhen auf kräftigen Beinen, der Schwanz schlägt als ständiger Indikator der Gefühle einer Chirà mal verspielt, mal unruhig hin- und her, lange, kraftvolle Arme und breite Schultern runden das beeindruckende Bild ab. Auf diesen Schultern ruht jedoch ein Kopf, der der einer Katze nahezu gleicht: große, wachsame Augen mit geschlitzten Pupillen und ein mit spitzen Zä hnen bewehrter Mund unter weit ausladenden Schnurrhaaren in einem ziemlich Flachen Gesicht, das trotz seiner Fremdartigkeit emotionale Stimmungen ablesbar macht, darin unterstützt von recht großen Katzenohren, die je nach Stimmung g erade nach vorne oder aber schräg nach hinten gelegt sind. Die Hände der Chirà sind so feingliedrig wie die der Menschen. Sie vermögen damit dieselben feinen Bewegungen auszuführen. Einziges Problem für diffizile Arbeiten stellen bisweilen die Krallen dar, weshalb die meisten Chirà Handschuhe mit metallverstärkten Fingerspitzen tragen, um andere nicht aus Versehen zu verletzen oder Sachen zu beschädigen. Auch die Füße verfügen noch über Krallen, doch können diese kaum noch eingefahren werden, weshalb die Schuhe der Chirà nach vorne hin breiter werden, insgesamt aber doch nicht viel breiter als die von Menschen sind.
Der gesamte Körper ist bis auf einige wenige Stellen (Innenflächen der Hände und Füße, sowie im Nasenbereich) von einem dichten Fell besetzt, der alle Farben haben kann, doch überwiegen eindeutig die Gelb- und Brauntöne: von einem satten orange bis sandgelb, von kastanienbraun bis ocker bewegen sich die meisten Fellfarben, Musterungen wie 'getigert' oder 'gescheckt' sind vor allem unter den niedrigen Kasten verbreitet, gelten aber in höheren Kreisen als unschön und werden dort nicht selten weggefärbt, ein einzelner Streifen auf der Stirn oder entlang des Rückgrats oder sonst eine gleichmäßige Andersfärbung (z.B. ein weißer Bauch, schwarze Ohren, e in andersfarbiger Schwanz usw.) wiederum können (je nach Mode) sehr gefragt und beliebt sein. Die Farbe des Fells ist selten von großer Bedeutung, eine Außname bilden dabei allerdings ganz schwarze und ganz weiße Chirà. Gelten erstere vor allem den Akkra (Priesterkaste) als heilig und werden dort oft zu Hohepriestern, so ist ein weißes Fell häufig ein Zeichen von Adel und wird damit allgemein den Chrania (Adelskaste) zugeordnet. Etwas ganz besonderes, etwas, daß nur bei einer von vielleicht 100.000 weiblichen Chirà (und nur bei solchen) auftritt, ist ein sogenannter Etriajan, ein Haarschopf. Dieser Haarschopf ist stets von dunkelbrauner oder schwarzer Farbe, interessant dabei ist jedoch der Haaransatz: er verläuft vom Nacken in Dreieicksform hinter den Ohr en vorbei und endet spitz mitten auf der Stirn. Dieser Haarschopf (dessen Farbe unabhängig von der Fellfarbe ist) gilt als besonderes Geschenk der Götter und dessen Träger als besonders verehrungswürdig. So haben alle Herrscherinnen der drei Kasten einen solchen Schopf und es ist von vielen großen Chirà in der Geschichte bekannt, daß sie auch über einen solchen verfügten. Ein Etrijan ist jedoch keinesfalls zwingend, um zur Herrscherin ernannt zu werden, doch erleichtert er den Weg erheblich...
Wie der Körperbau vermuten läßt, sind die Chirà tatsächlich sehr kräftig. Hohe Sprünge und Geschwindigkeit sind ihre herausragendsten Eigenschaften, aber auch mit den Armen vermögen sie erstaunliche Kraftleistungen zu vollbringen. Nicht selten mangelt es ihnen jedoch an Ausdauer; Das heißt nicht, sie seien schnell erschöpft, nur werden sie nach langen Anstrengungen oft von so großer Müdigkeit ergriffen, daß sie sich nicht selten irgendwo zusammenrollen und in wenigen Sekunden einschlafen. Ihre Sinne sind sehr fein, allen voran ihre gute Nachtsicht und ihr Gehör. Auch ist ihre Reaktions- geschwindigkeit häufig höher als die der anderen Völker von Pipes.
"...als auf dem Höhepunkt des Streitgespräches die eine der beiden Chirà plötzlich aufsprang und ihrem Gegenüber mit ihrer mächtigen Pranke ins Gesicht hieb, wo deutlich die Spuren ihrer Krallen zu erkennen waren. Doch was tat die Chirà? Sie griff nicht etwa zu ihrem Schwert, sondern zischte der Angreiferin ein mir unverständliches Wort in ihrer Sprache zu. Sekundenlang herrschte betretenes Schweigen im gut gefüllten Schankraum. Dann brach die Angreiferin plötzlich in schallendes Gelächter aus, in das die andere zu meinem Erstaunen mit einsetzte, und alsbald saßen die beiden wieder fröhlich zusammen an ihrem Tisch und alles, was vorgefallen war, war vergessen. Erschienen mir die Gebräuche der Chirà in unserer kleinen Stadt schon als äußerst sonderbar, so sind sie mir hier in der Hauptstadt der Allinanz noch mehr ein Rätsel und noch unverständlicher..."
Aus dem Brief des Händlers Gavertin Wellric an seine Frau, verfaßt im Jahre 197 der Allianz
Kaum läßt sich etwas verbindliches über den Charakter einer Chirà sagen, außer der Tatsache, daß sie unberechenbar sind. In einem Augenblick können sie noch zornig und gereizt sein, im nächsten sind sie freundlich und zu Späßen aufgelegt. Diese Unruhe in ihrem Gemüt entspricht auch einer gewissen Lebenseinstellung. Was für die Chirà zählt ist die Veränderung; Stillstand und Nichtstun ist ihnen meist ein Graus. Das heißt nicht, daß sie eine ständige Betriebsamkeit aufweisen (sie wissen sehr wohl das Herumdösen über die heiße Mittagszeit zu schätzen), sondern ihnen liegt etwas daran, persönlich Karriere zu machen, Kinder in die Welt zu setzen, ein Haus zu bauen, ihrem Clan oder ihrer Kaste zu Reichtum und Ansehen zu verhelfen usw., bei manchem äußerst sich dieser Wunsch nach Veränderung aber auch darin, daß sie ausziehen, um ihre Welt zu entdecken, neue Kontakte, neue Orte - die Neugier ist eine der herausragendsten Eigenschaften einer Chirà.
Berüchtigt sind sie schon fast für ihren derben Humor und ihren etwas groben Umgang - kleinere Keilereien zwischen verschiedenen Clans innerhalb der Mondrai (Kriegerkaste) sind nicht selten. Abgesehen von den Chirà, die in der Politik sind, zeichnen sie sich durch schonungslose Offenheit und Ehrlichkeit aus. Dieses offene Aussprechen der eigenen Meinung ist etwas ganz selbstverständliches, Abneigungen und Zuneigungen werden offen herausposaunt. (Was nützt es, sie zu verschweigen?) Dadurch sind die Chirà relativ unempfindlich gegen Beleidigungen und selten nachtragend. Doch - wie bereits erwähnt - macht hier häufig die Unberechenbarkeit einen großen Strich durch die Rechnung: eine kleine abfällige Bemerkung über den Clan oder das Aussehen der Waffe kann manchmal schon genügen, um es sich für immer mit einer Chirà zu verderben. So kann man einer Chirà sagen: "Ich hasse Dich, weil Du arrogant, eingebildet und lästig bist." Sie wird das akzeptieren, vielleicht ebenfalls ihre Meinung sagen und dann ist die Sache vom Tisch. Beleidigungen, die jedoch die Ehre der Familie oder der Kaste tangieren, können blutig enden.
Ebenso ist Spontaneität neben einem oft überzogenen Selbstbewußtsein eine Eigenschaft der Chirà, die man auch als 'unüberlegt' auslegen könnte: nicht selten werden überstürzt Entscheidungen getroffen, etwas zu wenig bedacht, zu schnell ein Bild gefaßt - und hinterher ist das Geschrei dann meist groß. Dabei sind die Chirà durchaus hochintelligent, nur mangelt es ihnen etwas an Geduld und so etwas wie Weisheit. Erst im hohen Alter tritt diese Weisheit zu Tage, weshalb viele Clans von den Ältesten geführt werden.
Das Kastenwesen gehört zu den augenfälligsten Merkmalen der chirànischen Gesellschaft. Mythologisch gehen die Kasten (die selbstverständlich nur Chirà vorbehalten sind) auf die fünf Töchter der legendären 'Urmutter' der Chirà, Lajeya zurück, so daß jede Kaste schon auf eine über zweitausendjährige Geschichte zurückblicken können.
Man unterscheidet insgesamt fünf Kasten. Die Adelskaste (Chrania), die Priesterkaste (Akkra), die Kriegerkaste (Mondrai), die Handwerker- und Händlerkaste (Ecibarra) und zu guter Letzt die Bauernkaste (Alchenam).
Die Zuordnung zu einer Kaste ist recht komplex und durch viele Gesetze geregelt. Grundsätzlich ist es allerdings so, daß man in eine Kaste hineingeboren wird. Ein Kind der Chrania (Adelskaste) wird auch meist dieser Kaste zugeordnet. Grundsätzlich ist ebenfalls, daß weder Abstieg noch Aufstieg in eine niedere Kaste nach der ersten Festlegung möglich ist. Direkt nach der Geburt des Kindes bestimmt der Clan (Familie), dem (der) die Mutter angehört, was mit dem Kind geschehen soll. War die Mutter immer ehrenvoll und ein nützliches Mitglied der Kaste, so wird auch dem Neugeborenen die Aufnahme in die Kaste gewährt. Sollte sich die Mutter jedoch irgendwelcher Verbrechen schuldig gemacht haben, so kann sie selbst nicht aus der Kaste ausgeschlossen werden, wohl aber ihr Kind, das dann meistens den Ecibarra (Handwerkern) oder gar den Alchenam (Bauern) zugeordnet wird. Genauso ist auch der Aufstieg einer erwachsenen Chirà in eine höhere Kaste unmöglich. Hat eine Chirà jedoch dem Staat, einer der Herrscherinnen oder den Göttern einen sehr großen Dienst erwiesen, wird ihr gewährt, für ihr Kind eine Kaste auszuwählen, sogar die der Chrania (Adel).
Die Zugehörigkeit zu einer Kaste bedeutet vor allem, daß man ihrer Gerichtsbarkeit untersteht, sich an die spezifischen Gesetze und Regeln halten muß, man an sie die Steuern bezahlt und ihr gegenüber für alle Taten Rechenschaft und Verantwortung schuldig ist.
Es ist nicht unbedingt eine Schande, keiner Kaste anzugehören. Ausgesetzte oder anderweitig 'verlorengegangene' Kinder können durchaus auch zu Ehren kommen. Da man in der Stunde seiner Geburt einer Kaste zugeordnet wird und dadurch ein nachträgliches Wechseln der Kaste unmöglich ist (diese Regel gilt wirklich ohne Ausnahme), müssen für diese Kastenlosen ("Jeyhoch") Sonderregelungen getroffen werden. So erhalten sie nach Anhörung durch das jeweilige Verwaltungsorgan der betroffenen Kaste Sondergenehmigungen, einen Beruf auszuüben. Will eine Jeyhoch also Kriegerin werden, so muß der Clanrat der Mondrai (Kriegerkaste) darüber abstimmen. Wird die Jeyhoch angenommen, so gehört sie keineswegs der Kaste an, sondern hat z.B. die Erlaubnis erhalten, Waffen und Rüstungen zu tragen. Gleiches gilt für die Erlaubnis, eine Farm zu eröffnen, zu predigen, einen Handwerksbetrieb aufzumachen etc.
Magie wird von den Chirà als die "dunkle Gabe" betrachtet. Zwar ist allgemein bekannt, daß die Magie ihren Ursprung in den Kristallen hat, doch gelten diejenigen, die es vermögen, die Macht der Kristalle zu beherrschen, als etwas Besonderes. Je nach Kaste werden sie unterschiedlich behandelt. Bei den Chrania genießen die Besitzer von Magiekristallen ein hohes Ansehen und haben gewisse Privilegien (nicht selten sind sie Grund für Intrigen), bei den Akkra begegnet man ihnen bei den meisten Religionen mit Feindseligkeit und straft sie mit Mißachtung (Ausschluß aus einer Kaste ist ja nicht möglich), während die Kriegerkaste der Mondrai den Einsatz eines Kristalls im Kampf als unehrenhaft empfindet, ansonsten aber Kristallbesitzern ohne Vorbehalte, wenn auch mit Argwohn gegenüberstehen.